Presseerklärung vom Pressedienst des Parlamentes
erstellt am 18.05.2005, Nr.
392/2005
NEUES GESETZ GEGEN DAS
KARTELLUNWESEN
Zusammenschlüsse von Marktteilnehmern, die mit der Absicht
gebildet werden, Monopolgewinne zu lukrieren, wurden lange Zeit
als bedauerliche, aber unvermeidliche Erscheinungen des
Geschäftslebens betrachtet. Die Gesetzgebung zielte darauf ab,
Kartelle unter bestimmten Voraussetzungen zu genehmigen, in
weiterer Folge zu beaufsichtigen und durch die Institution des
Kartellbevollmächtigten zu "verwalten". Das geltende
Kartellgesetz trägt dementsprechend den Titel "Bundesgesetz über
Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen". Die geänderte
Zielsetzung eines kürzlich von der Bundesregierung vorgelegten
Entwurfs für ein neu konzipiertes Kartellgesetz kommt schon im
Titel zum Ausdruck: "Bundesgesetz gegen Kartelle und andere
Wettbewerbsbeschränkungen" ( 926 d.B.).
Obwohl dazu nicht ausdrücklich verpflichtet, schlägt die
Bundesregierung vor, das neue Kartellgesetz weitgehend an das
Gemeinschaftsrecht anzugleichen (Artikel 81 und 82 EG-Vertrag:
Verbot von Wettbewerbsbeschränkungen, Verbot des Missbrauchs
einer marktbeherrschenden Stellung und Durchführungsverordnung
aus dem Jahr 2004). Bewährte institutionelle Regelungen und
Verfahrensvorschriften des alten Gesetzes sollen mit geringen
technischen Anpassungen weitgehend unverändert bleiben. Von der
Vereinheitlichung des Kartellrechts erwarten sich Regierung und
Wirtschaft Verwaltungsvereinfachungen und Vorteile für die
Unternehmen. Mehrbelastungen des Bundes und anderer
Gebietskörperschaften seien ebenso wenig zu erwarten wie ein
Entfall von Gerichtsgebühren, heißt es dazu in den
Erläuterungen.
Kartelle werden grundsätzlich verboten. Das nicht mehr
zeitgemäße System der "Kartellverwaltung", die Regelung
unverbindlicher Verbandsempfehlungen, das Kartellregister und
das Verbot unverbindlicher Preisempfehlungen
("Mondpreisverordnungen") sowie die Sonderbehandlung vertikaler
Wettbewerbsbeschränkungen können entfallen. Über das
Gemeinschaftsrecht hinaus wird das Kartellverbot auf einseitige
Wettbewerbsbeschränkungen ausgedehnt.
Für bestimmte Wettbewerbsbeschränkungen kann das Kartellverbot
unter bestimmten Voraussetzungen in Einzelfällen wie auch für
Gruppen als nicht anwendbar erklärt werden. Dazu zählen
Bagatellkartelle von Unternehmern, deren inländischer
Marktanteil unter 5 % liegt, die "Buchpreisbindung" und
Wettbewerbsbeschränkungen bei der Förderung von Genossenschaften
sowie im Banken- und Agrarbereich. Gruppenfreistellungen
obliegen der Kommission. Bei Freistellungen im Einzelfall
entscheiden Kommission und Wettbewerbsbehörden der
Mitgliedstaaten nebeneinander. Die Kommission behält aber ihren
Vorrang: Die Zuständigkeit nationaler Wettbewerbsbehörden fällt
weg, wenn die Kommission ein Verfahren in einem Einzelfall
einleitet.
GESELLSCHAFTSRECHTSÄNDERUNGSGESETZ SOLL ANLEGERVERTRAUEN
VERBESSERN
Angesichts Aufsehen erregender Konzernzusammenbrüche hat der
Nationalrat am 29. Jänner 2004 in einer Entschließung von der
Bundesregierung Maßnahmen zur Stärkung des Vertrauens in
börsenotierte Unternehmen und in die Finanzmärkte verlangt.
Kürzlich hat der Ministerrat einen Entwurf für ein
Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz verabschiedet, mit dem
Regelungen des Österreichischen Corporate Governance Kodex ("ÖCGK")
in das Aktienrecht übernommen werden sollen. Konkret geht es um
eine höhere Qualität der Abschlussprüfung, um bessere
Finanzinformationen und um den Kampf gegen den Insiderhandel (
927 d.B.).
Personen, die zur Wahl in den Aufsichtsrat antreten, sollen
künftig die Hauptversammlung über alle Umstände informieren
müssen, die die Besorgnis einer Befangenheit begründen könnten.
Dasselbe gilt für Abschlussprüfer. Beraterverträge von
Aufsichtsratsmitgliedern mit ihren Unternehmen müssen künftig
vom jeweiligen Aufsichtsrat genehmigt werden. Die Zahl von
Aufsichtsratsmandaten pro Person bleibt auf zehn beschränkt, ein
Aufsichtsrats-Vorsitz soll aber doppelt zählen. Eine reduzierte,
"privilegierte" Anrechnung von Aufsichtsrats-Mandaten gilt bei
mehreren Aufsichtsrats-Positionen innerhalb eines Konzerns sowie
bei der Wahrnehmung von Interessen öffentlich-rechtlicher
Körperschaften und von beteiligten Unternehmen.
Der Aufsichtsrat eines börsenotierten Unternehmens muss künftig
einen Prüfungsausschuss bestellen, dem auch ein "Finanzexperte"
angehören muss. Geschäftsführer und leitende Angestellter dürfen
den Prüfungsauschuss frühestens drei Jahre nach ihrem
Ausscheiden aus ihrer Funktion führen.
In großen Gesellschaften sind künftig Abschlussprüfer
ausgeschlossen, die Anteile an der geprüften Gesellschaft haben
oder an der Führung ihrer Bücher, an der internen Revision, an
Managemententscheidungen, an der Erstellung von
Bewertungsgutachten oder an versicherungsmathematischen
Leistungen beteiligt sind. Bei großen Gesellschaften umfasst das
Verbot auch Dienstleistungen bei der Einführung von
Rechnungslegungssystemen und die strategische Steuerberatung.
Statt der bisherigen "externen" Rotation des Abschlussprüfers
nach sechs Jahren sieht die nunmehrige "interne" Rotation für
große Gesellschaften nicht mehr den Wechsel des
Wirtschaftsprüfer-Unternehmens, sondern der Person des Prüfers
vor.
Die Stellung des Aufsichtsrats gegenüber dem Abschlussprüfer
wird durch weitere Informationspflichten des Prüfers und
durch die Zuständigkeit des Aufsichtsrates zur
Honorarvereinbarung gestärkt. Die Verlässlichkeit von
Finanzinformationen soll gesichert werden, indem der Emittent,
also das Unternehmen, bei Schadenersatz gegenüber geschädigten
Anlegern auf verantwortliche Organmitglieder zurückgreifen kann.
KRONZEUGENPROGRAMM FÜR INFORMATIONSWILLIGE KARTELL-AUSSTEIGER
Die 2004 in Kraft getretene EU-Verordnung zur Durchführung der
gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln (Artikel 81 und 82 des
EG-Vertrags) macht Anpassungen der österreichischen Rechtslage
zweckmäßig. Die diesbezügliche Regierungsvorlage ( 942 d.B.) für
eine Wettbewerbsgesetznovelle stellt die Zuständigkeit der
Bundeswettbewerbsbehörde für die Unterstützung der EU-Kommission
und deren Zusammenwirken mit der Kommission und den
Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten klar. Bei der Anmeldung
von Zusammenschlüssen wird die Bundeswettbewerbsbehörde künftig
eine Pauschalgebühr einheben. Mehr Transparenz erwartet die
Bundesregierung von Informationen über Anträge an das
Kartellgericht von Seiten der Bundeswettbewerbsbehörde. Um die
Aufdeckung von Kartellen zu erleichtern, wird nach dem Vorbild
vieler EU-Mitgliedstaaten auch in Österreich ein
Kronzeugenprogramm eingeführt. Es sieht als Gegenleistung für
die "uneingeschränkt aus freien Stücken erfolgte Offenlegung von
Informationen zu einem Kartell" entweder völlige Straffreiheit
oder eine wesentlichen Reduzierung der Strafe vor.
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Literatur Kartellrecht
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